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Der Versprecher „Schalke 05“



Wiesbaden, 21. Juli 1973, „Das aktuelle Sportstudio“ des ZDF. Als die Moderatorin Carmen Thomas auf ihrem Kärtchen händeringend nach Schalkes Gegner Standard Lüttich suchte, da war es schon geschehen. Ohne irgendwie zu stammeln, hatte sie gerade unbekümmert den neuen Vereinsnamen „Schalke 05“ in die Welt gesetzt. Und das live vor einem gewaltig großen Fernsehvolk (es gab nur drei Sender). Dieser Versprecher war ein Politikum ersten Ranges. Die Öffentlichkeit hielt Frauen eh für ungeeignet, über Sport zu berichten, hatte daher regelrecht auf Fehler der Moderatorin gelauert. Besser als mit diesem kapitalen Schnitzer konnten die Vorbehalte nun gar nicht bestätigt werden. Daß Carmen Thomas gleich in der ersten Sendung gepatzt hätte und daraufhin sofort rausgeschmissen worden wäre, ist aber Legendenbildung; der Vorfall trug sich in ihrer bereits fünften von insgesamt 14 Sendungen zu. Für die arme Frau sollte sich ein Leben voller „Schalke 05“ anschließen. Noch heute im Rentenalter wird sie alle paar Tage auf die halbe Sekunde mit dem wohl berühmtesten Versprecher in der Geschichte der deutschen Sprache angesprochen.


Niemand ist über Fehler erhaben, völlig klar. Aber bei Versprechern gibt es solche und solche. „Schalke 05“ war kein Dreher wie das „Kickenbacher Offers“ von ZDF-Kollege Basche, und es war auch keine Verbindung zweier Sachen bzw. Vereine wie bei „Darmstadt 96“ von Sky-Reporter Mallwitz. Der damalige Hintergrund und die späteren Erklärungen der Versprecherin deuten am ehesten auf Desinteresse am Fußball hin, weshalb Vereinsnamen bei ihr nicht im Unterbewußtsein abgespeichert waren. Immerhin handelte es sich nicht um schiere Unwissenheit, dargeboten etwa von einer Kollegin (Name unbekannt) in einer Sportsendung des NDR, die Ergebnisse vorlas und dabei den seinerzeitigen Drittligisten PFV Bergmann-Borsig Berlin (der mit Klubs aus dem Sendegebiet in der gleichen Liga spielte) nur so benennen konnte, wie er auf der Tafel stand: „Bergmann-B.“ ...



Jahrzehnte nach dem Patzer von Carmen Thomas sollte sich „Schalke 05“ unbegreiflicherweise zum fertig vorgeformten Versprecher entwickeln. Friedhelm Funkel nahm 2005 den Faden auf, indem er meckerte, „Schalke 05“ hätte unverdient gegen seine Mannschaft gewonnen. 2013 wies der Moderator des Schweizer Fernsehsenders SFR, Franz Fischlin, auf eine anstehende Champions-League-Partie zwischen „Schalke 05“ und Real Madrid hin. Das Höchstmaß des Irrwitz` ereignete sich aber 2011 im Mainzer Rundfunkstudio des SWR4, nur wenige Kilometer vom Ursprungsort des Versprechers entfernt. Die Moderatorin (Name unbekannt) verhaspelte sich ebenfalls bei diesem Vereinsnamen, als sie den Wechsel von Manuel Neuer verkündete, stellte jedoch sofort den Bezug zum 38 Jahre alten Vorfall her. Wortreich zeigte sie sich glücklich darüber, gerade noch die Kurve gekriegt zu haben, und nicht mit der namentlich genannten Carmen Thomas in einer Schublade gelandet zu sein. Nur ging die Moderatorin felsenfest von der falschen Annahme aus, der Klub hieße richtig „Schalke 05“, während „Schalke 04“ der legendäre Versprecher wäre! Solch eine Mischung aus Kultur­beflissenheit, Laientum und vermutlich örtlicher Prägung (durch Mainz 05) kommt nicht oft zusammen.