V E R E I N S N A M E N . D E

-  Z e n t r a l s t e l l e   f ü r   d e u t s c h e   F u ß b a l l - V e r e i n s n a m e n  -



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Club vs. Klub    • Phänomen Kleinbuchstaben im Kürzel    • Fusionsergebnisse
Willkür und Schicksal    • Erfinder bzw. Einführer    • Traditionsreichste Namensträger
Beeinflussung der Vereinsfarben    • Namensdarstellung in Wappen    • Hauptanfeuerungsrufe
Formale Zusätze    • Namensverbote    • Spitznamen    • Namenskultur und Volksaustausch




Hauptanfeuerungsrufe (und damit verbundene Schwierigkeiten)



Jeder Fußballverein braucht seinen Hauptanfeuerungsruf. Nichts gegen Abwechslung, aber es gibt Mo­mente, die wirklich nach diesem einen Ruf verlangen. Als da wären die erwartungsfrohe Zeit zwischen Seitenwahl und Anpfiff, die Beantwortung des Hauptanfeuerungsrufs der gegnerischen Fans, der verdiente Zuspruch wenn sich die Mannschaft nach einem Durchhänger wieder berappelt, die Jagd nach einem dringend benötigten Tor in der Schlußphase, das Beschwören der Einheit zwischen Anhang und Mannschaft nach dem Abpfiff (direkt nach der Welle). Dann sollte ohne Zögern instinktiv der einzig passende Ruf aus den Kehlen heraussprudeln.



Hauptanfeuerungsrufe müssen, um die erforderliche Energie transportieren zu können, zwei- oder dreisilbrig sein. Zweisilber werden in der Regel mit dreimaligem Klatschen vorgetragen, wie z.B. „Ein-tracht (klatsch-klatsch-klatsch)“. Die Weise ohne Klatschen gilt als veraltet. Sie war früher prototypisch bei Werder Bremen zu hören, heute aber nur noch zu den wichtigsten Spielen, wenn sich auch die Zuschauer auf den Sitzplatzrängen an der Stimmung beteiligen. Weitere Reliktvorkommen könnte man bei Bayern Hof und anderen gemütlichen kleinen Fanszenen vermuten, wo von den wenigen Händen zu viele durch Bierbecher blockiert sind. Mit absteigender Tonfolge wird der Zweisilber ohne Klatschen aber weiterhin als kraftvoll genug angesehen (Schalke 04: „Schal-ke“, Göttingen 05: „Null-Fünf“). Für den Namen Union, der die Betonung ungewöhnlicherweise auf der hinteren Silbe liegen hat, eignen sich die herkömm­lichen Rufe nicht. Mit „Ei-sern Un-ion“ ist bei Union Berlin und damit bei allen Union-Namensträgern ein zwar viersilbriger, aber offensichtlich gangbarer Ausweg gefunden worden (weiter unten mehr zu abweichenden Rufen).


Dreisilbrige Rufe werden hingegen grundsätzlich ohne Klatschen ausgeführt, wie z.B. „H-S-V“. Wenn jedoch die Betonung auf der zweiten Silbe liegt, bleibt diese nur durch Anfügen dreimaligen Klatschens gewahrt. Das betrifft vor allem die lateinischen Namen und Latinisierungen mit ia-/a-Endung (Viktoria, Borussia, Teutonia, Fortuna, Arminia, Germania, Westfalia, Concordia, usw.), ferner übrigens auch Ortsnamen wie Hannover, Saarbrücken, Burghausen, Neumünster; famos berücksichtigt im Ruf „V-f-R Neu-mün-ster - Neu-mün-ster V-f-R (klatsch)“. Selbst die großen Anhängerschaften von Fortuna Düsseldorf, Dynamo Dresden und des BFC Dynamo (auch des FC St. Pauli) mißachten das Gebot des Betonungserhalts. In Dortmund, Mönchengladbach und Neun­kirchen stößt man aberwitzig unbeholfene Rufe hervor oder weicht dem Namen lieber ganz aus, anstatt einfach direkt ein sattes „Bo-russ-ia (klatsch-klatsch-klatsch)“ zu schmettern. Kein einziger all dieser Wortnamen wird irgendwo richtig betont im Hauptanfeuerungsruf wiedergegeben, wie auch Rufe gegenüber Gesängen sowieso stark ins Abseits geraten sind und kaum mehr gepflegt durchgezogen werden. Vereinsnamen.de ist es dennoch gelungen, eineinhalb Schulbeispiele für ungetrübten Hörgenuß aufzutreiben: Bei Wormatia Worms und - weniger astrein - bei Arminia Bielefeld jeweils nach sogenanntem Einklatschen.


        




Somit ergibt es sich im Großen und Ganzen, daß Wortnamen mit Klatschen und Bezeichnungsnamen ohne Klatschen vorgetragen werden (müßten). Aus dieser Ordnung fielen auch die „Vereinsnamen gemäß den Vereinsfarben“ nicht heraus, wenn man z.B. Rot-Weiss Essen mehr mit „Rot-Weiss (klatsch-klatsch-klatsch)“ als mit „R-W-E“ antreiben würde. Jahreszahlen im Nullerbereich kämen dann - z.B. als „Null-Neun (klatsch-klatsch-klatsch)“ - noch zur Klatsch-Gruppe dazu. Da Fanszenen bekanntlich in den oberen Ligen angesiedelt sind, und eben dort wegen der Großstadtbedingungen das Verhältnis zwischen Klubs mit Bezeichnungs­namen und mit Wortnamen ausgeglichen ist, könn(t)en wir in Sachen akustischer Unterstützung die opti­male Mischung erleben. In jedem zweiten Spiel prall(t)en die beiden Formen von Haupt­anfeuerungsrufen aufeinander. Zudem bieten die Fanblöcke dabei auch verschiedene Anblicke: Bei der klatschenden Gruppe zeigen die glatten Handflächen während des Rufens in aufreizend-hochmütiger Haltung schräg zum Himmel, bei der klatschfreien Gruppe werden die Arme mit geballter Faust und meist ausgestrecktem Zeigefinger wuchtig nach vorne geworfen. Choreographisches In- und Auseinandergreifen hier, physikalisch eigentlich unmögliche Vorwärtsdynamik dort.



In einer Reihe von Anhängerschaften hat man allerdings abweichende Muster oder Inhalte ausgebildet. Wichtige Beispiele sind das stotterhafte „V-V-V-f-B“ beim VfB Stuttgart, das besonders betonte und in die nächste Schleife hinübergezogene N des „F-C-N“ beim 1.FC Nürnberg, sowie natürlich das legendäre „Ha-Ho-He Her-tha B-S-C“. Wiederbelebt wurde in Berlin auch „Ra-Ra-Ra Tas-ma-ni-a“. Eigenartig förmlich erscheint der Ruf „Hol-stein Kiel“ beim entsprechenden Verein. Unvollkommenheit schwebt im Raum, wenn der Hauptanfeuerungsruf aus einem nachgeordneten Bestandteil des Vereinsnamens besteht (Borussia Mönchengladbach: „V-f-L“; Hannover 96: „H-S-V“; Jahn Regensburg: „S-S-V“; Carl Zeiss Jena: „F-C-C“). Mit dem Vortragen des Ortsnamens verfehlt man den Kern der Sache ebenso (Schalke 04: „Schal-ke“; Erzgebirge Aue: „Au-e (klatsch-klatsch-klatsch)“; Ulm 1846: „Ul-mer (klatsch-klatsch-klatsch)“; Arminia Bielefeld: „Bie-le-feld“). In einigen Fällen besteht nichtmal der kleinste Bezug zum Vereinsnamen (SpVgg Greuther Fürth: „Klee-blatt (klatsch-klatsch-klatsch)“; Darmstadt 98: „Li-lie (klatsch-klatsch-klatsch)“; SpVgg Bayreuth: „Old-schdod“; Bischofswerdaer FV: „Schie-bock“).






Mit ihrer Namenswahl machten es die Gründerväter den späteren Anhängern freilich nicht immer leicht. Schwierig zu handhaben sind die einsilbrigen Vereinsnamen wie TuS, SuS, Jahn, Sturm, Stern. Den Einsilber zu buchstabieren (Lok Leipzig: „L-o-k“; öfters bei TuS-Namensträgern zu vernehmen: „T-u-S“), kann auf keinen Fall die Lösung darstellen. Geschickter wäre es, vorhandene höchstens zweisilbrige Bezeichnungs-, Ortsnamen oder Jahreszahlen mit einzubeziehen („SK Sturm“ bei Sturm Graz). Eine richtige Tugend macht man aus der Not durch das Beifügen eines ergänzenden starken Ausdrucks, vortrefflich gelöst für die Schweizer Nationalmannschaft mit „Hopp Schwiiz (klatsch-klatsch-klatsch)“. Auf Vereinsebene findet sich mit „Stahl Feuer“ bei Stahl Brandenburg eine beeindruckende Umsetzung. Das „Feuer“ wird dabei sehr schnell vorgebracht, so als wäre es auch ein nur einsilbriges Wort. Sogar die Stahl-Spieler selbst puschen sich vor dem Anstoß mit diesem Ruf. Für TuS wären z.B. „TuS vo-ran“ oder „Sport-Frei TuS“ robuste Erweiterungen, für Jahn könnte die eh schon zusammengestellte Formel gut als „Jahn-Elf (klatsch-klatsch-klatsch)“ gerufen werden. Vielleicht klängen auch die unerwartet schlecht supportbaren Namen Kickers und Wacker in der Form „Ki-ckers vor“ bzw. „Wa-cker vor“ runder.


Auf Seiten der mehr als dreisilbrigen Namen sucht man ganz im Gegenteil nach Verkürzungsmöglichkeiten (SpVgg, vierstellige Bezeichnungsnamen, Alemannia, viele Jahreszahlen). Etwas vom Namen wegzulassen, ist jedoch selten durchführbar und auch dann nur halbseiden (1860 München: „Sech-zig (klatsch-klatsch-klatsch)“; 1.FC-Namensträger: Einsparen des 1.). Wir müssen uns damit abfinden, daß für die meisten Fälle dieser Gruppe kein Ruf zur Verfügung steht, der tatsächlich die Anforderungen an einen Hauptanfeuerungsruf erfüllt. Bei SpVgg`en ist es dann naheliegend, ersatzweise einen Dreisilber aus SV und dem ersten Buchstaben des Ortsnamens zu bilden, also z.B. „S-V-U“ für die SpVgg Unterhaching. Vereine namens Alemannia mit nur zweistelligem Bezeichnungsnamen können über die entstehende Kurzform immerhin noch das A zur Geltung bringen. Bei Jahreszahlenklubs im Bereich von 91 bis 99 muß halt komplett auf andere Namensteile zurückgegriffen werden. Mehr kann man nicht tun. Mögen alle Fußballfans ohne Hemmnisse ihre Vereine anfeuern und der Begeisterung freien Lauf lassen können!