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Namensaufbau: Die Jahreszahl



Gern wird das Gründungsjahr im Namen geführt. Es sind sowohl zwei- als auch vierstellige Jahreszahlen in Gebrauch, sogar wechselweise bei ein- und demselben Verein. Untergebracht werden sie entweder vor dem Ortsnamen (SC 1903 Weimar, FSV Wacker 03 Gotha) oder dahinter (FC Schönberg 95, TuS Blau-Weiß Lohne 1894). Steht der Ort an erster Stelle, muß sich die Jahreszahl zwangsläufig ganz am Ende wiederfinden (Bornaer SV 91, Lübecker SV Gut Heil 1876). Von Verein zu Verein ist das Maß der Prägung seiner Zahl sehr unterschiedlich. Mal wird sie nur sporadisch mit aufgeführt (SV Meppen 1912), mal führt das Fernbleiben auch noch nicht zu Unklar­heiten (SSV Reutlingen 05), aber der Klub kann ohne seine Zahl auch unkenntlich werden (Hannoverscher SV 96). Daß Zahlen im Nullerbereich z.B. als „Null Vier“ aufzusagen sind, ist eine zum Allgemeinwissen gehörende kulturelle Errungenschaft des Vereinsnamenswesens.





Anmerkungen und Ausnahmen:


1. Jahreszahlen können von Anfang an im Namen enthalten sein oder später rückwirkend aufgenommen werden. So sind die alten Jahreszahlen der Turnvereine allesamt nicht ursprünglich. Selbst solch ein bis zur Endstufe durchgeprägter Jahreszahlen-Vertreter wie der Rugby-Klub Hannover 78 ist in alten Quellen nicht wieder­zuerkennen. Manch ein Fußballfreund hat vielleicht noch die schwankende Prägungsintensität beim SSV Ulm 1846 im Hinterkopf, der in den 80er Jahren eher als „Ulm 46“, Ende der 90er eher als „SSV Ulm“ bezeichnet wurde. Zumindest die offensive vorübergehende Umgewichtung bei der TSG 1899 Hoffenheim ist ja allgemein bekannt.


2. Fusionsvereine reihen oft die Gründungsjahre der Ausgangsvereine aneinander. Dabei werden die Zahlen durch Schrägstriche abgetrennt, ganz selten irritierend durch Bindestriche (SpVgg Sterkrade 06/07, SG Trünzig 44-04).


3. Bisweilen entdeckt man Jahreszahlen an den unmöglichsten Stellen. Es folgt eine Auswahl von Vereins­namen mit nicht ganz so schlüssigem Aufbau: SV 1910 Edelweiß Rammenau, Weddinger FC Corso/99 Vineta, SV Wehen 1926-Taunusstein, VfB 05-Kurhessen Marburg +, TGS Friesen-1860 Haspe, FSV 1996 Preußen Langensalza, SpVgg 1918 Niedersachsen 1909 Döhren (+), Berliner FC Alemannia 90/Wacker +, SC Schlesien 1901-Rapid Breslau +, FV Dresden 06 Laubegast, TSV 06 Eintracht Naumburg, FC Hertha 1905 Hohenzollern Leipzig +, SC Eintracht Hamm 1922/45 Heessen. Selbst von diesem Kreis hebt sich der „FC Union60 Bremen“ nochmals ab.


4. Offiziell sind Jahreszahlen bei allen Vereinen durch eine Präposition angebunden, und zwar mit „von“ oder mit „gegründet/gegr.“. Nicht ungebräuchlich ist auch „seit“ (Bahlinger SC seit 1929, FC Alemannia Böken­förde seit 1920, SV Spetzerfehn seit 1949), während „vom Jahre“ nur in sehr kleiner Stückzahl bekannt ist (Magdeburger SV Preussen v.J. 1899, Berliner FC v.J. 1893 +, Reinickendorfer FC Halley v.J. 1910 +). Vereinzelt können es Klubs nicht lassen, in ihren Wappen „est.“/„established“ oder „since“ zu schreiben.





5. Es sind auch falsche Jahreszahlen im Umlauf. Beim VfL Bochum 1848 beruft man sich auf eine Zeitungsanzeige (mit dem Aufruf zur Vereinsgründung im Folgejahr), die Grazer SV Wacker 1896 möchte mit der Jahreszahl lediglich an einen vorher bestandenen Verein ähnlichen Namens erinnern, der „ASV Sturm 40 Statzendorf von 1932“ widerspricht sich selbst, der schelmische Wiener FC 1898 + trat unter diesem Namen schon 1897 an, auch der FSV Admira 2016 (ohne Ortsname, aus Mittenwalde) eröffnete den Spielbetrieb bereits 2015, der ESV Lok Stralsund 1911 wurde 1991 schlicht mit einem Tippfehler ins Vereinsregister eingetragen, usw. Vernachlässigbar selten drücken Zahlen gar keine Jahrgänge aus, etwa beim schon 1920 aktiv gewesenen FC 33 Wien +, beim 1995 in einer Fusion verschwundenen SK Sysiphos 2000 Wien, beim SV 7023 Zemendorf-Stöttera-Pöttelsdorf (Postleitzahl) oder bei TuS 116 Erfurt + (Wohnbezirk). 1912 soll sich ein Klub trotzig-gewitzt SV 2000 Sehl getauft haben, weil er aus unbekannten Gründen zum Entstehungs­zeitpunkt eine Strafe von 2.000 Mark zu löhnen hatte ... Sonderbares vermeldet wieder einmal Wien. Anders als in Berlin und Hamburg ließen und lassen sich Namensdopplungen dort offenbar nicht vermeiden. Zur Unterscheidung füg(t)en betreffende Klubs dann die Bezirksnummer an. Da dies früher verwirrend in modernen statt römischen Zahlen geschah, hätte man Nummern ab 10 auch für Jahreszahlen halten können, Nummern bis 10 eher für Fehler (Rapid 4, Union 5, Wiener FK 9). Der fusionsbedingte Vereinsname „Phönix 12-Ostmark 12 Wien“ war schon heftig. Heutige Vertreter verwenden zum Glück meist römische Zahlen (Austria XIII, Austria XVII, Wiener BC IX), es gibt aber auch einen „ASV 13“ aus dem Jahr 1946.


6. Auf der Suche nach den ältesten Jahreszahlen landet man im Zeitalter der reinen Turnvereine. Ihr Betrieb war durch die Obrigkeit weitgehend von 1819 bis 1842 („Turnsperre“) und erneut von 1849 bis 1859 verboten, weshalb uns viele Jahreszahlen aus den 1840er Jahren begegnen, nur wenige aus den 1850ern, und dann jeder Jahrgang ab 1860. Folgende Vereine behaupten für sich ein Gründungsjahr von vor 1840: TV Thun (1839), TG 1837 Hanau, TV Pforzheim * (1834; die Turnsperre war in Baden aufgehoben), TV Offenbach 1824 * (Bezug zur Turnsperre unklar), TGV Eintracht Beilstein 1823 (die Jahreszahl wurde von einem Gesangsverein geliefert), TS Riemann 1821 Eutin * (im Fürstentum Lübeck gab es keine Turnsperre; Vereinsgründung aus dem Turnerplatz heraus aber erst 1862), BTV Basel * (1819; in der Schweiz gab es keine Turnsperre), Mainzer TV 1817 (Bezug zur Turnsperre unklar), HT 16 Hamburg (1816; in Hamburg gab es keine Turnsperre; Vereinsgründung aus dem Turnerplatz heraus aber erst 1849), TSV Friedland 1814 (in Mecklenburg gab es keine Turnsperre; Vereins­gründung aus dem Turnerplatz heraus aber erst 1879), SV 1813 Dennewitz (hier soll die Jahreszahl offenbar an eine Militärschlacht erinnern). Österreichs älteste Jahreszahl trägt der TV Ried 1848 *.